Meine erste Reise nach Kenia

Der beschwerliche Versuch, grandiose Eindrücke und Erlebnisse in einfache Worte zu fassen

Jambo! ☺

(was auf Swaheli „Hallo!“ bedeutet, aber das werden die meisten LeserInnen hier wohl wissen)

Zu Beginn meines „Reiseberichtes“ über meine erste Reise nach Kenia – genauer gesagt meine allererste Reise überhaupt auf den afrikanischen Kontinent! –  möchte ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Karsten Kaulfuß. Seit meinem Umzug aus Nordrhein-Westfalen lebe ich im – wie es hier im Regional-Radiosender „RSH“  immer so schön heißt – „schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein“.

Und hier im Norden zwischen Nord- und Ostsee lernte ich vor nunmehr über fünf Jahren auf dem Afrikafest in Rendsburg Ina Wolst kennen, die Vorsitzende und Gründerin des Vereins „Tuko Pamoja Kenya e.V.“.

Aus dieser Begegnung heraus entwickelte sich eine langjährige, aufrichtige und ehrliche Freundschaft. Ebenso entstand hieraus das Interesse, mich näher mit dem Land Kenia auseinanderzusetzen und mit all dem, was damit verbunden ist.

Ina hatte nahezu bei jedem Treffen etliche Geschichten aus ihren Aufenthalten dort parat. Immer wieder spannend zuzuhören: mal ernste Themen über das Leben der Menschen dort … wie und wovon sie leben. Aber auch immer wieder amüsante Stories über Begegnungen mit Kenianern, die natürlich eine ganz andere Mentalität haben als wir Europäer.

Von Beginn an interessierte ich mich für die Aktivitäten des Vereins in Kenia, und ich bin seitdem auch Mitglied im Verein, auch wenn ich selbst nicht der Typ bin, der in seinem bisherigen Leben Land und Leute bereiste oder die Welt erkundet hat!

Durch Inas Erzählungen, durch die vielen schönen Fotobücher, die sie über die Jahre angefertigt hat, wuchs dann doch die Neugier, sich auf etwas Neues einzulassen.

Einige Jahre vergingen… Ina flog nach Kenia und kam mit faszinierenden Geschichten und Bildern nach Hause. Dann kam die lange Corona-Pause, in der auch sie nicht fliegen konnte.

Im Jahre 2022 kam dann der Punkt, an dem ich der Meinung war, dass ich nun endlich einmal über meinen Schatten springen und mich „trauen“ sollte, einmal meinen bisherigen Horizont zu erweitern und mich – gemeinsam mit Ina – auf das „Wagnis Kenia“ einzulassen. Ich hatte zwar schon zig Veröffentlichungen gelesen, Bilder betrachtet und viele Dinge aus Inas Munde erfahren… jedoch konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, was mich dort in der Ferne erwarten würde. Und eines ist ganz klar: allein hätte ich diese Reise nie angetreten! Ohne Ina und den Verein wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, nach Kenia zu reisen.

Am 8. Februar 2023 ging es dann endlich los! Schon das Packen der insgesamt 92 (!) Kilogramm Reisegepäck an sich (also 4 Koffer á 23 kg – also 46 kg je Person), zuzüglich Handgepäck, war für mich eine Herausforderung. Und dann mussten wir „jonglieren“ … packen, umpacken, neu packen… Wir wollten kein Gramm  ungenutzt lassen, durften natürlich auch nicht die 23 Kilogramm je Koffer überschreiten…

Die Anreise (Flug von Hamburg über Frankfurt und Addis Abeba in Äthiopien nach Mombasa) verlief erstaunlich gut und stressfrei für jemanden, der sich vorher sonst um alles einen Kopf macht! Und die Zeit verging (buchstäblich) wie im Fluge. Stressig war es lediglich in Frankfurt, da der Flieger in Hamburg schon mit Verspätung gestartet ist. Somit folgte in Frankfurt ein ziemliches Gerenne mit all dem vielen Gepäck von einem Terminal zum anderen …

Bei der Gelegenheit sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass die Reise bis kurz vor Abflug keinesfalls sicher war: Ina hatte sich zu Jahresende 2022 noch mit dem Corona-Virus infiziert; leider hatte sie bis zuletzt noch größere gesundheitliche Beeinträchtigungen, entschied sich aber gegen eine Absage der Reise. Die Rennerei am Frankfurter Airport war somit für sie eine große Belastung!

In Mombasa angekommen, ging es dann per Taxi weiter zum Hotel am Diani Beach, wo wir die ersten Tage verbrachten. Einerseits ein Ort mit einem traumhaft schönen weißen Sandstrand, so dass der Urlaub nun eigentlich hätte beginnen können … Es mussten jedoch zunächst noch sehr viele Dinge erledigt und besorgt werden.  Vor allem auch im Zusammenhang mit der bald anstehenden Fahrt nach Loolepo zu den Masai!

Auch hier war es natürlich wieder Ina, die den nötigen Plan hatte. Gern hätte ich mehr helfend beigesteuert, jedoch fehlte mir der Überblick und vor allem auch die Ahnung, was mich später noch alles erwarten würde.

Außerhalb des Hotelkomplexes offenbarten sich Dinge, die ich so noch nie gesehen habe: Armut entlang der Straße, Händler in spartanischen Hütten und Unterständen, umherlaufende Tiere (Hunde, Kühe, Ziegen), die entlang der Straße nach Futter suchen, teilweise Berge von Müll und vor allem natürlich Menschen, denen man anmerkt, dass sie am Limit leben – wortwörtlich von der Hand in den Mund, wie man hierzulande wohl sagen würde.

Oftmals wurde ich angesprochen mit rührenden Geschichten und der Bitte um100 Kenia-Schilling… Und immer wieder denkt man: „Man muss den Menschen helfen, es sind doch umgerechnet nur ein paar Cent.  Das tut mir doch nicht weh!“ … Aber leider kann man nicht allen helfen, so schwer es oft auch fällt. Denn dafür sind es einfach zu viele Menschen, die Hilfe benötigen.

Für Einkäufe und Besorgungen mussten wir nach Ukunda! Der dortige Markt gleicht einer großen Fläche aus Sand, Steinen und unebenem Untergrund. Darauf errichtet sind einige Geschäfte, viele aus Holz. Und dazu sitzen dort etliche Händler, die sich dort niedergelassen haben, um ihre Waren und Dienstleistungen anzubieten.

Am 13. Februar ging es dann los in Richtung Landesinnere – zu den Masai in Looleepo. Kenia als Reiseland an sich war ja schon aufregend genug für mich… Aber nun ging das eigentliche Abenteuer für mich erst richtig los!

Mit dem Überlandbus („Simba Bus“) ging es abends los – von Ukunda über Mombasa (wo wir ungeplant umsteigen mussten – wiederum ein Erlebnis:

Wildes Treiben in den Straßen, ein abendliches Gewusel und ich wollte immer unser Gepäck im Auge behalten, da irgendwer immer daherkam, um es für ein paar Schilling tragen zu dürfen. Ina kennt dieses Schauspiel, aber für mich war es natürlich absolutes Neuland. Und ich war ziemlich verunsichert, da Ina immer insistierte, ich solle alle Gepäckstücke im Blick behalten. Das machte meine Nervosität und Sorgen natürlich nicht gerade kleiner! Aber alles verlief gut – alle Aufregung umsonst.

Nach nächtlicher Fahrt über den vielbefahrenen „Highway“ (hier ist sehr viel los, ist es doch die Hauptroute von Mombasa Richtung Nairobi und auch nach Uganda) erreichten wir noch vor Sonnenaufgang Emali. Von dort aus mussten wir unsere Fahrt in einem anderen Fahrzeug nach Loitokitok fortsetzen. Aber wo findet man eins?

Ina wusste natürlich Rat, denn schließlich war sie schon öfters hier unterwegs. Noch dazu oftmals allein!!! Eine Tatsache, die ich vorher nicht verstehen konnte… Als „weiße Frau“ allein mitten durch Afrika, nachts und dann noch ohne Furcht! … Aber wie ich gesehen habe, wird man zwar oft angesprochen, muss aber im Grunde nur entsprechend bzw. angemessen reagieren, um die Menschen freundlich, aber dennoch bestimmt, „loszuwerden“.

Nach kurzer Zeit hat Ina dann ein Auto gefunden, dessen Fahrer gleich signalisierte, dass wir mitfahren können. Aber wie das? Denn da waren noch andere Personen und jede Menge Gepäck! Aber schnell lernte ich, dass es in Kenia immer schnell Mittel und Wege gibt, um Probleme zu lösen oder diese erst gar nicht erst entstehen zu lassen: in einen Pkw (es handelte sich um einen Toyota Probox) passen zur Not halt auch mal neun (!) Personen und das Gepäck wird kurzerhand auf dem Dach festgezurrt: Koffer, Kartons, Autoreifen… Alles nach dem Motto: „Nichts ist möglich!“ – nicht nur bei Toyota, sondern auch – oder aber erst recht in Kenia! 🙂

Es folgte die Fahrt nach Loitokitok – überaus beengt im PKW ! Und so wurde diese fast zweistündige Fahrt zu einem sehr unbequemen Teil dieser „Reise“. Aber auch diese haben wir überstanden. Unterwegs die üblichen Polizeikontrollen – und jedes Mal mussten wir als „Muzungus“ unsere Pässe vorzeigen. Aber zum Glück ohne Beanstandungen. Zudem kassierten die Polizisten die obligatorischen Geldbeträge des Fahrers: Eine durchaus gängige Praxis in Kenia! Man bezahlt, ehe es zu Problemen kommt. Denn zahlt man nicht, finden die Staatsdiener mit Sicherheit einen Grund, einen an der Weiterfahrt zu hindern. Aber für die Einheimischen bzw. Fahrer ist dies ganz normal… die hinterfragen es gar nicht mehr, denn so ist das halt in Kenia!

Endlich erreichten wir dann Loitokitok. Eine Stadt in Kajiado County, etwa 250 Kilometer von Nairobi entfernt, nicht weit von der Grenze nach Tansania, mit Blick auf den Kilimanjaro, ein Bergmassiv, dessen höchster Berg, der Kibo, mit 5.895 Metern der höchste Berg Afrikas ist (wie gut, dass es Wikipedia gibt!). Was für ein Anblick!!! Und noch dazu einmal mit freier Sicht ohne Wolken. Traumhaft! Nun wäre es schön gewesen, die Zeit anzuhalten: denn wir hatten ja nur wenige Tage in der Region eingeplant.

Dort trafen wir uns dann in den frühen Morgenstunden mit Freunden und Bekannten von Ina, die ich bisher nur vom Hörensagen her kannte. Nun konnte ich sie live kennenlernen und musste feststellen, dass mein Schul-Englisch aus grauer (Schul-)Vorzeit durchaus verbesserungswürdig ist. Aber mit Händen und Füßen und gebrochenem Englisch klappte die Verständigung trotzdem irgendwie. Wenn auch es manchmal zu lustigen bis peinlichen Missverständnissen kam!

Es folgte ein Großeinkauf in der Stadt: sehr viele Dinge mussten besorgt werden. Ina hatte eine unendlich lange Liste (Obst und Gemüse, Möbelstücke und Teppiche, Geschirr und Besteck, alles, was man halt so braucht) – und die ortskundigen Freunde wussten immer sofort, wo was zu besorgen ist.

Nach einer Zwischenübernachtung im Hotel „Mountain View“ ging es dann am nächsten Tag weiter … und auch wenn bisher jeder Tag eine neue Überraschung und spannende Momente mit sich brachten, so begann nun der wirklich spannendste Teil: der Besuch bei den Masai. Fernab der Zivilisation – was würde mich wohl erwarten? Meine Befürchtungen und Gedanken waren sehr unterschiedlich: werde ich da unter Menschen sein, die auf Distanz gehen, mit denen man sich eventuell nicht einmal unterhalten kann?

Um 6 Uhr früh wollten die Freunde uns im Hotel abholen! Eine Horror-Vorstellung, wo man doch nun mal so schön ausschlafen könnte mit anschließendem Frühstück im „Hotel“ (natürlich sollte man auch hier bedenken: wir sind in Kenia! Und die Ausstattung ist nicht mit der vergleichbar, die wir z.B. von Europa gewohnt sind!). Aber immerhin mit eigener Dusche auf dem Zimmer!

Glück gehabt: aus 6 Uhr wurde dann 8 Uhr. Und aus 8 Uhr dann letztendlich 11 Uhr!  In Kenia gehen die Uhren halt ein wenig anders, manchmal bleiben sie auch stehen, könnte man meinen. Aber in diesem Fall hatten die Jungs eine wirklich „gute“ Erklärung, dass sie erst so spät kommen konnten: sie mussten noch das Auto putzen! Eigens für uns! → Nun ist das eigentlich ja eine wirklich noble Geste, die wir auch zu schätzen wissen. Aber angesichts der Tatsache, dass dort Staub und Dreck in der Luft liegen, roter Sand … erst recht dort, wo wir gleich hin wollen… So machte diese Autowäsche nicht ganz so viel Sinn! 🙂

Nach knapp zweistündiger Autofahrt über rot-sandige Wege und durch für mich überraschend schöne Landschaft (ich hatte weniger Bäume erwartet) erreichten wir dann Loleepo – und nicht nur das! Wir wurden mit allen Ehren dort empfangen … mit Gesang, Tanz und hunderten Menschen! Eigentlich fehlten nur noch der rote Teppich und das Abspielen des Deutschlandliedes! Aber ich scherze darüber nun besser nicht zuviel, … denn sonst machen sie es beim nächsten Mal wirklich!

Viele der Menschen kamen auf uns zu, reichten uns die Hand, begrüßten uns herzlich und so wurden wir dann zu einem überdachten Platz geführt, an dem dann die „offizielle Begrüßung“ stattfand. Ein Empfang, mit dem ich nicht gerechnet hätte. Natürlich wusste ich von Inas Erzählungen, dass die Bewohner einen gebührend empfangen würden – aber mit so etwas Großem hätte ich nicht gerechnet. Und für uns waren Stühle vorgesehen, die einem das Gefühl vermittelten, auf einem Thron Platz zu nehmen.



Ich möchte noch einmal betonen, dass ich lediglich Mitglied des Vereins bin und Inas bester Freund … und die Bewohner vor Ort kennen zwar Ina (oder wie sie sie dort nennen: „Nashipai“ (dies bedeutet so viel wie „Lachen“, die Fröhliche oder „Die – die Freude bringt“), aber ich war doch „nur“ eine Begleitung. Warum sitze ich hier und werde begrüßt wie ein hoher Besuch?

Es folgten Aufführungen, Gesänge und Tänze der Schüler und jede Menge Ansprachen diverser Personen.

Am Ende kam es dann so wie es kommen musste: wir bekamen das Mikrofon und sollten zu den Anwesenden sprechen! Das ist eine Sache, die ich selbst auf Deutsch nicht wirklich gut kann und auch nicht gern mache. Ich bin keine geborene „Rampensau“, die gern im Mittelpunkt steht. Zum Glück hatte ich jedoch schon während der Veranstaltung geahnt, was da wohl kommen möge und hatte mir den ein oder anderen Satz zurechtgelegt … Eher schlecht als recht mit meinem gebrochenen Schul-Englisch, aber ich glaube, die Anwesenden haben mich – zumindest größtenteils und zumindest inhaltlich – verstanden!

Nach der Zeremonie, während der wir beide auch noch reichlich beschenkt wurden (Schmuck, Kleidung, Hirtenstab uvm.), folgte der Weg zu einigen Gebäuden (Klassenräume, Lehrerunterkunft, Hühnerstall, Schulgarten, Küche/Dining Hall), die in der letzten Zeit errichtet wurden und nunmehr von Ina feierlich und offiziell eröffnet wurden.

Anschließend ging es dann zur Unterkunft, die Ina in den letzten Jahren hatte errichten lassen: Eine Hütte nach Vorbild der Masai-Hütten – jedoch mit Fenstern (zum Glück!). Die Masai selbst leben in Hütten ohne Fenster und somit im Dunkeln!

Getrennt von unserer Hütte gibt es noch eine „Küche“ (natürlich keinesfalls auch nur ansatzweise vergleichbar mit den unseren hierzulande!) und auch eine Toilette (Latrine).

Nun begann der „Einzug“ in die Hütte! Vieles musste gemacht werden. Schließlich handelt es sich um einen „Erstbezug“ … und das, wo man doch gerade erst dort angekommen ist.

Ina hatte – wie könnte es auch anders sein! – an alles gedacht: außerhalb der Hütte hatte sie eine Dusche errichten lassen: zwei Solar-Wasser-Säcke erwärmten das Wasser mittels Sonnenlicht und dies nutzten wir dann zum Duschen. Und da Wasser ein hohes Gut ist, da es so knapp ist, sind wir überaus sparsam damit umgegangen. Mit 80 Litern kamen wir zu zweit fünf Tage lang aus.

Die Masai begleiteten uns zu unserer Hütte, halfen uns bei deren Einrichtung, sorgten für Tee und kochten uns ein Abendessen, welches letztendlich noch für etliche andere reichte. Andere wiederum saßen draußen um die Hütte herum und unterhielten sich. Für uns zu Beginn durchaus überraschend, da wir uns gewundert haben, warum hier so viele Menschen sind. Aber wir lernten dann durch Gespräche, dass es üblich ist, Besucher und somit Gäste nicht allein zu lassen, sondern sich um sie „zu kümmern“. Und so war es dann auch an den folgenden Tagen: wenn man morgens erwachte, dann waren da stets schon zwei oder drei Frauen, die morgens Wasser für Tee kochten oder aber auch von sich aus schon unsere schmutzige Wäsche gewaschen haben!

An den folgenden Tagen war dann Zeit (wobei diese wie im Fluge verging!), um die Schule zu besuchen … Wir erreichten diese um die Mittagszeit, als die Kinder gerade Pause hatten und mit Essen versorgt wurden.

Ich war erstaunt, wie offen die Kinder auf einen zukamen und sich quasi wie selbstverständlich in „Foto-Posen“ aufbauten. Sie wollten unbedingt aufs Bild, bauten sich allein oder mit Freunden in besten Positionen auf, strahlten einen in Richtung Kamera an und alle wollten aufs Bild! Für mich vollkommen überraschend, da ich dachte, die Kinder seien eher zurückhaltend „Fremden“ gegenüber. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Sie kamen auf einen zu, fassten einen an und verglichen ihre Hautfarbe mit der unseren … Und Ina wuschelten sie mit Begeisterung durch ihre blonden Haare! ☺

Ich war überrascht und überwältigt zugleich von dem, was ich dort erfahren durfte. Alles, was ich vorher dachte, war vergessen! Alle kamen freundlich und offen auf einen zu, egal ob Kinder oder Lehrer oder andere… und schwupps war ich genau wie Ina auch schon mittendrin im Geschehen: Bei der Essensausgabe an ca. 200 Kinder wurde jede Hand gebraucht und so bildeten  wir eine Menschen-Kette, über die die Essensteller bis zum letzten Kind weitergereicht wurden. Ein schönes Gefühl:  quasi „mittendrin statt nur dabei“.

Später folgte dann eine weitere große Aktion: sowohl wir als auch andere Mitglieder des Vereins, Frau Helga L. aus Bayern und Marcel S. hatten eine große Menge an Kleidung zur Verfügung gestellt, die an die Community gespendet werden sollte. Die Freude bei den Kindern war groß und auch die Eltern und Lehrer, die teilweise vor Ort waren, waren begeistert von der Vielzahl der Kleidungsstücke und Schuhe, die verteilt wurden. Natürlich ist auch diese recht große Menge an Sachspenden gemessen an der Anzahl an Kindern nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber die Freude und Dankbarkeit war stets zu spüren und es kam nie auch nur die Spur von Neid und Missgunst auf. Und genau dieses Gefühl konnte man die ganze Zeit erleben: es ist eine große Gemeinschaft, in der man gegenseitig für die anderen da ist. Sowohl bei den Kindern als auch bei den Erwachsenen.

Apropos Erwachsene: ich lernte viele nette Menschen kennen… bei einigen weiß ich bis heute nicht so wirklich, wie sie heißen, denn die Anzahl derer, die ich kennenlernen durfte, war durchaus beträchtlich. Aber ausnahmslos ALLE waren freundlich, hilfsbereit und manchmal konnte es einem schon fast unangenehm sein, wenn sie etwas für einen taten.

Den meisten Kontakt hatte ich zu Mark! Er ist Lehrer und zugleich der Manager vor Ort und kümmert sich seit geraumer Zeit um das, was vor Ort zu erledigen ist.

Ina ist die Frau, die von Ihrem Zuhause aus alles regelt… Nahezu jede Minute ihrer spärlichen Freizeit widmet sie dem Verein und den Belangen der Menschen vor Ort. Das Handy bimmelt von morgens früh bis abends spät, irgendwas ist immer zu tun. Und Mark ist derjenige, der sich vor Ort um alles kümmert – natürlich nach Rücksprache mit Ina. Er kauft Sachen ein, veranlasst die notwendigen Arbeiten vor Ort und erfasst sämtliche Kosten und Ausgaben. Ohne ihn wäre es schwierig! Dabei ist dies nicht sein eigentlicher Job: in erster Linie ist er Lehrer und unterrichtet die Kinder an der Schule. Es ist ein großes Glück, dass er in seiner Freizeit so aufopferungsvoll die Dinge erledigt, die anstehen. Aber auch er denkt im Sinne der Gemeinschaft! Niemand denkt an sich selbst.

In den späten Nachmittagsstunden hatten wir dann – auch durch Marks Hilfe – die Gelegenheit, die Gegend zu erkunden.

Wir wollten Giraffen sehen und beobachten! Mark und die „Frauengruppe“ (ja, es treffen sich regelmäßig Frauen und tauschen sich aus oder unternehmen etwas gemeinsam) wussten genau, wo wir welche finden würden. Sie hatten recht! Aber die Giraffen ergriffen die Flucht und somit konnten wir sie nur von weitem sehen – dennoch ein beeindruckendes Erlebnis. Denn wann sieht man in seinem Leben schon einmal Giraffen in freier Wildbahn? Hier waren sie nicht viel weiter weg als Kühe bei uns daheim auf der Weide.

Am nächsten Tag wollte Mark uns – wieder mit den Frauen! – den „River“ zeigen. Einen Fluss??? Ich konnte es nicht glauben, aber in der Tat erreichten wir nach einer schönen Wanderung durch die zunächst rot-sandige Landschaft, später dann jedoch durch recht steiles, steiniges und unwägbares Gelände, einen Fluss! Es wirkte für uns vollkommen surreal: Dürre, Trockenheit, spärliche Vegetation …  und dann auf einmal dieser Flusslauf?!?

Die Masai-Frauen kühlten sich darin ab. An anderen Tagen holt man hier mühsam Wasser oder wäscht die Kleidung darin. Wir kamen uns vor wie an einer Oase inmitten der Wüste! Okay, das ist ein wenig übertrieben … denn als Wüste kann man die Landschaft nicht bezeichnen. Denn wie gesagt, gibt es nicht nur Sand, sondern durchaus Vegetation in Form von Gräsern, Sträuchern und Bäumen. Aber natürlich ist alles nicht so grün und farbenfroh wie bei uns, sondern eher karg.

An einem anderen Tag machten wir uns dann auf die Suche nach Elefanten. Das klingt komisch und ich hielt es zunächst auch eher für einen Witz … aber der Plan sah tatsächlich vor, Elefanten ausfindig zu machen.

Auch hier wussten die Ortskundigen wieder genau, wo sich die Tiere aufhalten würden. Eine durchaus gefährliche private „Safari“, denn man sagte uns, dass die Elefanten durchaus in der Lage sind, uns aufzuspüren und dann zu verfolgen. Einerseits war ich in Abenteuer-Stimmung – andererseits wollte ich nicht unter einem Elefantenfuß sterben (kurzzeitig kam mir der Gedanke, dass ich noch kein Testament geschrieben habe!)! Letztendlich war es dann so, dass die Elefanten zwar durchaus in Reichweite waren, wir ihnen jedoch nicht begegnet sind.

Erst abends nach Einbruch der Dunkelheit kamen sie zu einem See, der noch Reste des letzten Regens von vor vielen Monaten gespeichert hatte. Dort kamen sie im Schutze der Finsternis zum Trinken und Abkühlen. Aber nicht nur die Elefanten kamen dort zum Trinken, sondern auch eine Vielzahl anderer Tiere wie beispielsweise Zebras.

Ich möchte nun langsam zum Ende kommen, auch wenn ich noch viel mehr schreiben könnte… denn zu überwältigend waren die Eindrücke vor Ort.

Es folgte dann die Abreise aus Loolepo, wieder per Pkw nach Loitokitok und vor dort aus per Kleinbus weiter nach Emali. In diesem Fahrzeug lief ein Monitor mit Musikvideos und ansatzweise hatte man das Gefühl, dass man sich in einem „Partybus“ befindet… Die Musik lenkte jedoch nur bedingt vom Fahrstil ab! Gleich zweimal binnen kurzer Zeit musste der Fahrer abrupt bremsen: einmal lief ein Kind über die Straße und einmal ein Hund. Aber es ist zum Glück nichts passiert.

In Emali mussten wir dann einige Zeit warten, bis der Bus aus Nairobi kam, der uns zurück nach Ukunda bringen sollte. Und auch hier wieder ein Beispiel für die Unkompliziertheit in Kenia: der Busunternehmer teilte uns (genauer gesagt Ina via Whatsapp) mit, dass der Bus nun in Nairobi gestartet ist und gab ihr die Nummer des Fahrers weiter … und von dem erfuhren wir dann (auch wieder per WhatsApp), wann er in etwa in Emali ist. Dies war insofern wichtig, da man dort mitten in der Nacht an einer vielbefahrenen Autobahn zusteigen muss. Und man ist nicht allein: ständig kommt jemand und spricht einen an … Der eine möchte Mangos verkaufen, der nächste meint, man solle doch besser wo anders auf den Bus warten – aber wir blieben dann doch besser unter der hellen Laterne stehen. Da fühlten wir uns etwas sicherer zu nächtlicher Stunde.

Dann kam der Bus und die Rückfahrt nach Ukunda begann. Hierüber gibt es nicht viel zu berichten – außer der Tatsache, dass der Bus dann kurz vor dem Ziel (sprich: Ukunda) von einem Polizisten angehalten wurde. Und trotz der üblichen Zahlungen des Busfahrers an diesen, konnte die Reise dennoch nicht fortgesetzt werden. Wieso, weshalb, warum? Man weiß es nicht … Der Fahrer musste dann jedenfalls mit auf die Polizeistation, während wir dann dort ausgestiegen sind und per Taxi zum Hotel weiterfuhren.

Dort folgten dann noch ein paar Tage in Diani Beach … der „ganz normale All Inclusive Hotelurlaub“, so könnte man sagen. Wobei weder Ina noch ich für einen solchen geboren sind. Natürlich sind die Dinge wie Dusche, fließendes Wasser und Verpflegung in jeglicher Hinsicht wieder schön nach den Tagen zuvor bei den Masai. Aber der Wechsel von „quasi nichts“ zu „All inclusive“ ist dann auch Gewöhnungssache.

Dennoch waren dann auch diese Tage schön und bildeten den Abschluss einer Reise, die ich mich lange Zeit nicht getraut habe zu machen.. und nun habe ich es gewagt und wurde belohnt mit einer Vielzahl an Eindrücken. Die Armut der Menschen einerseits, die Schönheit der Landschaft andererseits … wobei Schönheit auch wieder gleichbedeutend mit Trockenheit und Dürre ist. Aber dennoch nicht karg, nicht öde … man kann es nicht wirklich beschreiben. Man muss es erlebt haben.

Apropos Armut: kurz vor Abreise hatten wir noch die Gelegenheit, uns mit ehemaligen Schülern aus Ukunda zu treffen. Diese führten uns noch umher und zeigten uns, wo und wie sie leben. Auch das war wieder eine Erfahrung, die sehr wertvoll war. Und es ist interessant zu sehen, dass es auch durchaus Unterschiede gibt … Während bei den einen auf dem Grundstück Müll umherfliegt, sieht es beim Haus nebenan sehr sauber und gepflegt aus … Die einen Kinder werfen ihr Bonbonpapier wie selbstverständlich auf den Boden, andere packen es in den Müll. Aber auch hier: alle sind eine große Gemeinschaft, jeder für jeden.

Es war richtig und gut, diese Reise zu machen. Und ich werde es nie bereuen … im Gegenteil! Ich denke und bin sicher, dass ich so schnell es geht wieder auf Reisen in Richtung Kenia gehe. Dann bin ich im Vorfeld hoffentlich ruhiger und entspannter … Denn nun weiß ich ja, was mich erwartet. Und hoffentlich bin ich dann nicht nur eine Begleitung, sondern auch eine Stütze für Ina und kann mich mehr an den Vorbereitungen usw. beteiligen.

Vielen Dank an meine beste Freundin Ina, die mich nun erstmals mitgenommen hat in ihre Welt bzw. wie sie sagt „zweite Heimat“, die ich nun auch einmal kennenlernen durfte. Ich war sicherlich eine große Anstrengung als Reisebegleitung … hierfür an dieser Stelle ein großes „sorry“, denn vieles wäre ohne mich sicher einfacher gewesen.

Vielen Dank auch an ihr KnowHow,  die immensen Vorbereitungen, die Planungen und die akurate Umsetzung aller Vorhaben. All das klingt nun so selbstverständlich und einfach. Aber ich weiß sehr zu schätzen, was sie alles geleistet hat, um all dies möglich zu machen. Ob das nun die Planung und der Bau der Hütte ist, in der wir übernachtet haben… oder die Organisation von Lebensmitteln und Wasser… und all der anderen Dinge.

Fazit:

Es war eine wunderschöne Reise, eine tolle Erfahrung!

Nach der Reise ist vor der Reise:

Wenn ich darf, fliege ich gern beim nächsten Mal wieder mit.

Hakuna Matata – oder?

Karsten Kaulfuß